7. November 2024

Antidiskriminierungsnetzwerk: »Weiterhin dringender Handlungsbedarf«

Schreiben des ADNB an den ver.di-Bundesvorstand
Schreiben des ADNB an den ver.di-Bundesvorstand

Das Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ADNB) des Türkischen Bundes hat ungehalten auf die Antwort des ver.di-Bundesvorstandes auf ein Schreiben vom 24. Mai 2023 reagiert. Die Antwort vom 9. Juni lasse eine professionelle Haltung vermissen, so die Beratungsstelle, weil nicht der angeschriebene ver.di-Vorsitzende Frank Werneke reagiert habe, sondern Detlef Raabe. Der sei zwar das zuständige Bundesvorstandsmitglied, zugleich aber vom ADNB in seinem Schreiben direkt kritisiert worden.

Deshalb habe man Werneke und nicht Raabe angeschrieben, so das ADNB. »Die fehlende Distanz bzw. Befangenheit zu dem Thema erkennen wir auch in dem von Herrn Raabe direkt zu Beginn des Briefes formulierten Satz, es handele sich bei den von uns dargelegten Problemen nicht um Rassismus, sondern um persönliche und politische Niederlagen Herrn Akmans. Herr Raabe kann sich diesen emotionalen Hieb auf Herrn Akman scheinbar nicht verkneifen, was unfreiwillig offenlegt, dass er gerade nicht qualifiziert ist für eine Stellungnahme zum Diskriminierungsvorwurf.«

Das ADNB kritisiert, dass der ver.di-Bundesvorstand die von der Beratungsstelle festgestellten Anhaltspunkte für strukturellen Rassismus bzw. Diskriminierung vom Tisch gewischt habe. »Unsere Einschätzung fußt neben den geschilderten Erfahrungen von Herrn Akman auf den von uns sorgfältig recherchierten und in unserem Schreiben zusammengefassten Faktoren auf struktureller Ebene. So zum Beispiel der Anzahl von BPoC-Personen in Führungspositionen bei ver.di und anderen Gewerkschaften. Sie schreiben, dass Sie den „den Vorwurf des strukturellen Rassismus“ deutlich sowie sachlich zurückweisen. Verwunderlich ist für uns schon, dass sie eine sachlich vorgetragene Kritik an strukturellen Problemen als Vorwurf begreifen und dies nicht zum Anlass nehmen, Veränderungsprozesse anzustoßen und zu reflektieren. Insbesondere deshalb, weil wir uns mit unserer zwanzigjährigen Erfahrung im Bereich Rassismus und Diskriminierung eine ernstzunehmende Expertise angeeignet haben.«

Und weiter: »Zu der „harten Quotierung für alle Gremien“ führen Sie aus, eine solche sei nur im Rahmen einer Satzungsregelung möglich. (…) Darauf, dass der ver.di-Bundesmigrationsauschuss sich ausdrücklich für eine Quote ausgesprochen, sowie strukturelle Probleme in Bezug auf die Benachteiligung von migrantischen Personen bei ver.di angeprangert hatte, gehen Sie leider nicht ein. An einer anderen Stelle schreiben Sie hingegen für die Besetzung von Stellen bei ver.di sei allein die Qualifikation der Bewerber*innen ausschlaggebend. Vor dem Hintergrund, dass es bisher nur wenig BPoC-Repräsentation in den höchsten Führungspositionen bei ver.di gibt, bedeutet diese Aussage im Umkehrschluss, es habe BPoC-Bewerber*innen bisher an der nötigen Qualifikation gefehlt. Wir erkennen in dieser Sichtweise ein eindeutiges Leugnen struktureller Benachteiligungen.

Sie schreiben im jetzigen Bundesvorstand, der seit 2019 im Amt ist, sei tatsächlich keine Person mit Migrationsgeschichte, bzw. BPoC-Person. Zu der Frage, warum es aber noch nie eine Person mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte/BPoC-Person in den Bundesvorstand geschafft hat, verschweigen Sie. Dass jetzt erstmals eine Schwarze Frau für den Bundesvorstand vorgeschlagen wurde, begrüßen wir, es ändert aber nichts an dem strukturellen Problem, das wir in unserem Schreiben vom 24.05.2023 ausführlich dargelegt haben.«

Der Bundesvorstand hat dem ADNB ein Gespräch angeboten. Darauf hat die Beratungsstelle geantwortet:»Ihr Angebot zu einem persönlichen Gespräch können wir nicht annehmen, solange es sich auf ein Gespräch in Abwesenheit von Herrn Akman bezieht. Nach unseren Beratungsprinzipien führen wir keine Gespräche ohne die Anwesenheit von Betroffenen durch.«

Ich würde mich freuen, wenn der ver.di-Bundesvorstand solche Hinweise einer anerkannten Beratungsstelle endlich ernstnehmen würde. Es geht dabei nicht so sehr um mich – es geht darum, ob wir als Gewerkschaft unsere eigenen Positionen ernst nehmen und leben. Ich trete dafür ein!