22. Oktober 2025

junge Welt: Da geht noch mehr

Gewerkschaften helfen engagierten Mitgliedern und Betriebsräten im Kampf gegen Bossing und Mobbing. Frei davon sind sie selbst offenbar nicht. Das legt zumindest der Fall Orhan Akman nahe. Schon mehr als drei Jahre dauert der Konflikt zwischen dem ehemaligen Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel und der Verdi-Bundesverwaltung. Wegen angeblicher Pflichtverletzungen kündigte Verdi dem hauptamtlichen Gewerkschafter mehrmals, aber scheiterte damit vor Gericht. Selbst der Verdi-Betriebsrat sprach von Verdachtskündigung. Im März dieses Jahres strich Verdi auch alle Ermahnungen und Abmahnungen nach einem Vergleich aus der Personalakte. Wer dachte, damit würde der Streit um Strategie und Taktik der Gewerkschaft – denn darum geht es – nun fern von arbeitsrechtlichen Mitteln geführt, täuscht sich.

Verdi forderte Akman auf, seine Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden, weil er zu oft krank sei. Da er das abgelehnt hat, kürzte Verdi zunächst sein Gehalt und stellte im Juni die Zahlung komplett ein. Inzwischen haben sich sowohl Günter Wallraff als auch Workwatch, eine Organisation, die Beschäftigten bei falschen Anschuldigungen durch Vorgesetzte hilft, angeboten, zwischen Verdi und Akman zu vermitteln. Wallraff wurde Workwatch zufolge ein Treffen angeboten. Workwatch zunächst auch, dann aber sei es wieder abgesagt worden. Workwatch zog daraus die Konsequenz, sich dem Aufruf auf Change.org anzuschließen, in dem die Weiterbeschäftigung von Akman und die Rücknahme aller Maßnahmen gegen ihn gefordert werden. (sk)

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