Die Arbeitgeber des Handels haben im Sommer den höchsten Tarifabschluss seit 20 Jahren vorgeschlagen. Und die Gewerkschaft Verdi hätte schon damals die Tarifverhandlungen erfolgreich abschließen können, mit weniger Nullmonaten. Verhindert habe das eine dogmatische Gewerkschaftsspitze. Für einen Verdi-Funktionär sind das ungewohnte Aussagen, die Orhan Akman im LP-Gespräch trifft. Aber der ehemalige Bundesfachgruppenleiter Einzel- und Versandhandel, der seit mehr als zwei Jahrzehnten als hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär tätig ist, kritisiert seinen Arbeitgeber auch noch bei anderen Punkten. Akman ist davon überzeugt: Damit spricht er für eine große Gruppe ehrenamtlicher Mitglieder und hauptberuflicher Mitarbeiter.
Beim Verdi-Bundeskongress im September bekannten viele interne Verdi-Kritiker Farbe. Die Akman-Kandidatur für den Bundesvorstand wurde von 201 der knapp 1.000 Delegierten unterstützt. Hinzu kamen 66 Enthaltungen. Es handelte sich um die erste Kampfkandidatur für den Vorstand überhaupt seit Verdi-Gründung 2001 („Allein diese Tatsache war wichtig für den demokratischen Bildungsprozess innerhalb von Verdi“). Orhan Akman ist überzeugt: „Durch mein Abschneiden habe ich einen richtigen Oppositionsauftrag bekommen. Ich habe das erste Mal kandidiert, aber bestimmt nicht das letzte Mal.“