21. November 2024

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Orhan Akman

mein Name ist Orhan Akman. Seit Ende 2002 arbeite ich als politischer Gewerkschaftssekretär bei der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und war ab 2019 ihr Bundesfachgruppenleiter Einzel- und Versandhandel. Beim Bundeskongress im September 2023 habe ich für ein Mandat im ver.di-Bundesvorstand beworben und bin dabei von rund einem Viertel der Delegierten untertstützt worden. Auch wenn dieses Ergebnis nicht für meine Wahl in den Bundesvorstand gereicht hat, war dies ein deutlicher Achtungserfolg, für den ich mich herzlich bedanke!

Meine Kandidatur, die ich im Frühjahr 2022 angekündigt hatte, löste in der Führungsebene unserer Gewerkschaft wütende Reaktionen aus. Ende August 2022 berief mich der Bundesvorstand meiner Gewerkschaft als Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel ab, anschließend wurde ich von der Arbeit freigestellt und mehrfach fristlos gekündigt – obwohl ich seit 1996 aktiv als Mitglied in den Gewerkschaften kämpfe, davon mehr als 22 Jahre als hauptamtlicher politischer Gewerkschaftssekretär bei ver.di.

Gegen diese willkürlichen Kündigungen habe ich mich rechtlich, aber auch mit der Unterstützung und Solidarität von vielen hundert Kolleginnen und Kollegen politisch gewehrt!

Am 13. Dezember 2022 fand vor dem Berliner Arbeitsgericht der Kammertermin statt. Das Gericht hat meiner Klage stattgegeben und festgestellt, dass die fristlosen Kündigungen durch den ver.di-Bundesvorstand unzulässig und unrechtmäßig waren. Gegen dieses eindeutige Gerichtsurteil hat der ver.di-Bundesvorstandes am 27. Dezember 2022 Berufung eingelegt und noch am selben Tag diese Berufung zurückgezogen. Doch am 19. Januar 2023 hat derselbe ver.di-Bundesvorstand erneut Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg eingelegt.

Anstatt die richtigen Konsequenzen aus der erstinstanzliche Gerichtsentscheidung zu ziehen, hatte der Bundesvorstand den gewerkschaftspolitischen Konflikt also fortgesetzt. Bei der Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 5. Juli 2023 betonte dann aber auch die Vorsitzende Richterin in ihrer Zusammenfassung über die Sachlage, dass es für die Kündigungen keine hinreichenden Anhaltspunkte oder gar Beweise gegeben habe. Angesichts dieser klar formulierten Tendenz hat ver.di kurz vor der Urteilsverkündigung die eigene Berufung zurückgezogen. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist somit rechtskräftig, die Kündigungen sind unwirksam. Trotzdem lässt man mich noch immer nicht meine Arbeit im Fachbereich Handel fortsetzen.

Als Gewerkschaft haben wir ganz andere Sorgen und Herausforderungen, als uns in monatelangen Rechtsstreitigkeiten zu verzetteln. Denn eines ist mehr als 20 Jahre nach der Gründung unserer Gewerkschaft klar: ver.di befindet sich in einer tiefgreifenden Krise. Es ist eine Krise der Mitgliederentwicklung und in der Folge eine Krise der rückläufigen Mitgliedsbeiträge und somit der Handlungsfähigkeit, eine tarifpolitische und insgesamt eine politische Krise. Hinzu kommt eine organisationspolitische Entwicklung, in der das beitragszahlende Mitglied immer mehr entmachtet wird und sich in der eigenen Gewerkschaft immer weniger wiederfindet. ver.di als Apparat und die Mitglieder unserer Gewerkschaft entfremden sich immer mehr voneinander.

Dagegen ist eine grundlegende Änderung der Ausrichtung unserer Gewerkschaft nötig, um wieder Organisationsmacht, betriebliche und politische Durchsetzungs- und Gestaltungsmacht sowie gesellschaftliche Relevanz zu gewinnen. Gelingt uns das nicht, verschwinden wir letztlich in der Bedeutungslosigkeit. Das hätte verheerende Auswirkungen auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten, nicht nur im Dienstleistungsbereich.

Ich möchte mit meiner Erfahrung, meinem Wissen und meinen Ideen dazu beitragen, diese Änderung der Ausrichtung einzuleiten. Deswegen habe ich an meiner Kandidatur für den ver.di-Bundesvorstand festgehalten. Da es mir dessen Vorgehen jedoch unmöglich machte und macht, die notwendigen Diskussionen innerhalb unserer Strukturen zu führen, habe ich diese Homepage ins Leben gerufen, um meine Positionen und Vorschläge darzustellen.

Ich bestehe außerdem darauf, dass der ver.di-Bundesvorstand die Medienberichte über Vetternwirtschaft in unseren Reihen aufklärt und gegenüber den Mitgliedern Rechenschaft ablegt. Sie sind es, die uns und unsere Arbeit finanzieren, ihnen sind wir verpflichtet. Nichts anderes habe ich bereits im Sommer 2022 gefordert – die Reaktion des Bundesvorstands war mein Rauswurf.

Ich lade dazu ein, gemeinsam, solidarisch und kollegial Wege für eine starke Gewerkschaft zu diskutieren und Lösungen zu suchen.

Auch weiterhin stehe ich Euch für Fragen, Kommentare, Anregungen und Meinungsaustausch zur Verfügung! Bitte nutzt dazu das Kontaktformular.